Der Webbrowser ist tot, es lebe der Webbrowser
Zuletzt aktualisiert am
July 17, 2025
veröffentlicht:
July 17, 2025
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Von Michael Rollins — Ruhe in Frieden, Browser (August 1991 - 1. Mai 2025).
Am 1. Mai 2025 fügte Anthropic die MCP-Server-Konnektivität (Model Context Protocol) zu Claude Desktop hinzu. Was wie eine zusätzliche Funktion aussah, war in Wirklichkeit der Anfang vom Ende des Browsers.
Eine kurze Geschichte des Browsers
Tim Berners-Lee stellte den Webbrowser im August 1991 vor. Bis 1992 war das World Wide Web öffentlich zugänglich. Seit über drei Jahrzehnten ist der Browser unser primäres Tor zur digitalen Welt, ein universelles Fenster, über das wir auf alles zugreifen können, von E-Mail bis hin zu Unterhaltung, vom Einkaufen bis zu sozialen Medien.
Aber als Anthropic die MCP-Konnektivität implementierte, fügte es nicht nur eine Funktion hinzu. Es hat die Art und Weise verändert, wie Menschen mit Wissen interagieren können, und damit die Art und Weise, wie das Web funktioniert.
Die große Migration
Wir sind bereits Zeugen des Exodus. DerSuchverkehr befindet sich im freien Fall, mit Berichten über einen Rückgang von 50-60% im Jahresvergleich. Warum zu Google navigieren, eine Abfrage eingeben ,die Ergebnisse durchsuchen und zu Websites klicken, wenn Sie Claude einfach fragen und synthetisierte Antworten mit Quellen erhalten können?
Aber LLMs (Large Language Models) sind weit mehr als nur aufgewertete Suchmaschinen. In Verbindung mit MCP-Servern lassen sich Daten und Wissen ganz nach eigenen Bedürfnissen neu organisieren und nutzen. Die Limitierung durch die Produktvision eines Entwicklerteams entfällt – du bestimmst selbst, was möglich ist.
Anstatt durch die Benutzeroberfläche eingeschränkt zu sein, die ein Produktteam entworfen hat, erhältst du direktenZugriff auf die zugrunde liegenden Daten – und kannst diese so neu zusammensetzen, wie es für diene Zwecke sinnvoll ist. Du bist nicht länger in starre UI-Paradigmen eingebunden. Du kannst deine Arbeitsabläufe frei gestalten, Datenquellen kombinieren und mit Diensten auf genau die Weise interagieren, die deinen spezifischen Anforderungen entspricht – und das alles in natürlicher Sprache.
Die Sofortfabrik für digitale Werkzeuge
Über den Zugriff auf bestehende Dienste hinaus haben sich Chatbots zu wahren "Sofortfabriken" für digitale Werkzeuge entwickelt. Benötigst du einen schnellen Rechner für Hypothekenraten? Eine Datenvisualisierung aus einer CSV-Datei? Ein Formular zur Datenerfassung? Anstatt mühsam nach dem passenden Webtool zu suchen oder etwas Eigenes zu programmieren, genügt es heute, deine Anforderungen zu beschreiben – und das benötigte Tool wird direkt erstellt.


Es handelt sich um maßgeschneiderte Werkzeuge, die in Echtzeit generiert werden und exakt auf deine Bedürfnisse abgestimmt sind. Während der Webbrowser dich dazu zwang, Werkzeuge zu finden, die ungefähr passten, ermöglichen es dir Chatbots, Werkzeuge zu erschaffen, die exakt passen.
Dieser Wandel – weg von der reinen Suche hin zur aktiven Schöpfung – markiert einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie wir Probleme online lösen.
Die visuelle Migration
Die letzten Stärken des Browsers – etwa die Darstellung von Diagrammen, Bildern und multimedialen Inhalten – verlagern sich zunehmend in Chat-Interfaces. Claude, ChatGPT und Gemini sind bereits in der Lage, Visualisierungen zu erzeugen, Bilder einzubetten und formatierte Texte direkt in der Unterhaltung darzustellen. Video ist die letzte Bastion, doch angesichts der intensiven Entwicklungen bei Google und OpenAI fällt auch diese zusehends.
Und Browser? Browser entwickeln sich in die entgegengesetzte Richtung. Perplexity hat gerade einen so genanten "Browser" auf den Markt gebracht, aber in Wirklichkeit ist es ein Chatbot mit Webzugriff. Die Linien verschwimmen, und der traditionelle Browser ist ein Artefakt der Geschichte.
Lang lebe der Webbrowser
Der Browser verschwindet nicht vollständig – er wandelt sich. Die visuelle, auf Hyperlinks basierende Oberfläche, die das Web geprägt hat, könnte als Mittel zur Inhaltskonsumation bestehen bleiben – doch selbst das ist nicht garantiert.
Was jedoch mit Sicherheit endet, ist die Rolle des Browsers als universelle Anwendungsplattform, als Ort, an dem wir Dinge erledigen.
Der Browser ist tot – lang lebe der Browser.
Michael Rollins ist Fractional CTO, Engineering-Leader und täglich aktiver Entwickler. Er verfügt über umfassende Erfahrung in den Bereichen Mobile und Backend und begeistert sich derzeit sehr für das rasante Entwicklungstempo im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Du erreichst ihn unter michael@rollins.io oder über LinkedIn.