Künstliche Intelligenz: Wie sich Deep Learning vom Gehirn unterscheidet

Künstliche Intelligenz, insbesondere Deep Learning, wird gerne mit dem Gehirn verglichen – doch es gibt vier große Unterschiede. Einer davon stellt Forscher vor ein besonderes Rätsel.

Artikel von Helmut Linde veröffentlicht am
Neuronale Netze: KI und Gehirn unterscheiden sich in wichtigen Punkten.
Neuronale Netze: KI und Gehirn unterscheiden sich in wichtigen Punkten. (Bild: KI-generiert mit ChatGPT)

Tiefe neuronale Netze haben das letzte Jahrzehnt der Forschung an künstlicher Intelligenz (KI) geprägt – und schon ihr Name deutet darauf hin, dass sie von den Nervenzellen des Gehirns, den Neuronen, inspiriert wurden.

Inhalt:
  1. Künstliche Intelligenz: Wie sich Deep Learning vom Gehirn unterscheidet
  2. Neuronale Netze: Biologie, stark vereinfacht
  3. Gehirn schlägt KI
  4. Lernstrategien und unbekannte Unbekannte

Die Analogie mit dem biologischen Vorbild wird in Medienberichten und natürlich im Werbematerial der Software-Anbieter immer wieder betont. Aber wie hängen künstliche und natürliche Intelligenz denn wirklich zusammen?

Nachdem ich im letzten Artikel nachgezeichnet habe, wie die Neurowissenschaften schon in den 1940er und 50er Jahren entscheidende Impulse an die Informatik gaben, soll der vorliegende Text zeigen, worin sich moderne Algorithmen und das Gehirn ähneln und welches die wichtigsten Unterschiede sind.

All dies bezieht sich rein auf die Fähigkeiten des Gehirns als biologische Rechenmaschine, die komplexe Probleme wie Objekterkennung oder Bewegungssteuerung lösen kann. Phänomene wie Bewusstsein, emotionales Empfinden und sonstige psychologische oder philosophische Aspekte werden hier ausgeklammert, da unsere heutige KI in keinem dieser Bereiche relevante Leistungen erbringt.

Viele Algorithmen – aber nur ein Gehirn

Der angestrebte Vergleich wird dadurch erschwert, dass unter dem Begriff künstliche Intelligenz eine kaum überschaubare Vielfalt unterschiedlicher Algorithmen zusammengefasst wird. Ob Convolutional Neural Network , Long Short-Term Memory, Sparse Coding oder eines der unzähligen anderen Verfahren: Die Informatik hält einen ganzen Zoo von Algorithmen bereit, die sich in ihren Zielsetzungen, den Annahmen an die Eingangsdaten, ihrer Lernstrategie und vielen anderen Punkten unterscheiden.

Aufseiten der Biologie ist die Sache ausnahmsweise einfacher: Was diesen Artikel angeht, gibt es nur das eine Gehirn. Es mag überraschen oder irritieren, aber zumindest bei den Säugetieren sind sich die Organe so ähnlich, dass es für den Vergleich mit der Informatik keine Rolle spielt, ob wir vom Menschen-, Affen- oder Mäusehirn sprechen.

Wenn nicht explizit anders angegeben, so sind in diesem Artikel mit KI die tiefen neuronalen Netze gemeint, wie sie in den vergangenen Jahren insbesondere im Bereich der Bilderkennung erfolgreich waren und dadurch praktisch zum Mainstream wurden. Sie bieten sich für den Vergleich mit dem Gehirn besonders an, weil sie die direkten Nachfahren des Perzeptrons (PDF) aus den 1950er Jahren sind, welches direkt von der Hirnforschung inspiriert wurde. Außerdem gehört auch im Gehirn das visuelle System zu den am besten erforschten Funktionen.

Wir fassen hier die wichtigsten Eigenschaften dieser KI-Algorithmen kurz zusammen, wobei wir uns auf die klassischen künstlichen Neuronen als Strukturelemente der Netzwerke konzentrieren. Abwandlungen davon wie zum Beispiel Faltungen (Convolutional Layer) sind in der Praxis zwar wichtig, werden hier aber zugunsten von Klarheit und Kürze ignoriert.

Das Netzwerk lernt

Die kleinste Einheit eines tiefen neuronalen Netzes ist das künstliche Neuron (siehe Bild 1). Es erhält über mehrere Kanäle Signale von anderen Neuronen oder direkte Eingangsdaten, also beispielsweise die Pixel eines Bildes. Abhängig von der Summe dieser Eingangssignale wird das Neuron selbst aktiv und sendet Werte über seinen Ausgangskanal. Man kann sich das Neuron daher als einen kleinen Musterdetektor vorstellen, der anschlägt beziehungsweise feuert, wenn er sein bevorzugtes Muster in den Eingangskanälen erkennt.

Künstliche neuronale Netze sind in Schichten aufgebaut, die jeweils aus vielen Neuronen bestehen. Typischerweise leiten die Zellen einer Schicht ihre Signale (nur) an die Zellen der nächsten Schicht weiter und man spricht in diesem Falle von einer vorwärtsgerichteten Architektur. Wenn man jedes einzelne Neuron als einen Musterdetektor betrachtet, können also die Zellen der höheren Schichten sozusagen Muster von Mustern von Mustern erkennen.

Bevor neuronale Netze ein Problem lösen können, müssen sie einen Trainingsprozess durchlaufen. Dies erfolgt im Deep Learning typischerweise durch sogenanntes überwachtes Lernen. Dabei werden dem Netzwerk wiederholt Beispielaufgaben gezeigt, zu denen die Lösung bereits bekannt ist. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Neuronen werden so verändert, dass das Netzwerk die Aufgaben immer besser löst.

Worin liegen nun also die Gemeinsamkeiten zwischen künstlichen neuronalen Netzen und dem Gehirn?

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Neuronale Netze: Biologie, stark vereinfacht 
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mnementh 15. Jul 2022

Du gehst davon aus, dass alle Unfälle vermeidbar sind. Das ist nicht der Fall...

Kaiser Ming 15. Feb 2022

das stimmt, deshalb schrieb ich auch "schliesslich macht das Gehirn auch Fehler die...

Waswei... 15. Feb 2022

Letzteres ist aber ein hinkendes Beispiel, da es zum einen die Absicht dieser Politiker...

Waswei... 15. Feb 2022

Darin ist wohl das assoziative Lernen begründet.



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